Elektromobilität eröffnet vielversprechende Perspektiven für eine klimafreundliche Zukunft des Transportsektors in Afrika. Sie schafft neue und attraktive Arbeitsplätze und wird eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung befeuern – vor allem in ländlichen Regionen des Kontinents. Dies ist das Ergebnis einer Expertenrunde, die im Rahmen einer Innovations- und Investitionskonferenz in Kisumu, Westkenia, tagte. Im Mittelpunkt der Veranstaltung, die von der Siemens Stiftung gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem UN-Umweltprogramm (UNEP) initiiert wurde, standen die Herausforderungen und Chancen der sich rasch veränderten Mobilität.
UN-Berechnungen gehen von einer Verdoppelung der afrikanischen Bevölkerung auf 2,5 Milliarden bis zum Jahr 2050 aus, mit entsprechenden Anforderungen an den Transport von Waren und Menschen. Mobilität ist eine Grundvoraussetzung für die gesamte Entwicklung einer Gesellschaft – von der Versorgung der Märkte bis zum Gesundheitswesen. Der Kontinent hat weltweit die jüngste Bevölkerung. Nach Prognosen der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) werden im Jahr 2030 rund 100 Millionen afrikanische Jugendliche keinen Arbeitsplatz finden.
Hochwertige Arbeitsplätze können im Energiesektor, bei der Produktion von Fahrzeugen sowie in den Bereichen Service und Dienstleistungen rund um klimafreundliche Mobilität geschaffen werden. Die klimatischen Bedingungen bieten eine optimale Grundlage für umweltfreundliche Energielösungen. Die Sonnenenergie kann günstig und einfach in elektrische Energie umgewandelt werden, dezentral und verlässlich vor Ort – auch in den Dörfern.
„Regional entwickelte Elektromobilität mit passenden Fahrzeugen und angetrieben mit regenerativer Energie sind der Treibstoff für eine innovative und klimafreundliche mobile Zukunft Afrikas, mit großen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungspotenzialen“, so Rolf Huber, Geschäftsführender Vorstand der Siemens Stiftung. „Einige lokale Start-ups arbeiten schon ehrgeizig an kreativen Elektro-Fahrzeugen, von Elektro-Lastenrädern bis zu elektrisch betriebenen Booten. Ostafrika ist das dynamische Herz dieser neuen Bewegung, die sich auch Technologiesprünge zum Ziel gesetzt hat. Diese Jungunternehmer mit Energieerzeugern, mit lokalen Regierungsstellen und mit Vertretern internationaler Organisationen in einem Raum zusammen zu bringen, hat nochmals einen kräftigen Energieschub ausgelöst“.
Das Sozialunternehmen WeTu, von der Siemens Stiftung in diesem Jahr vor Ort gegründet, hat mit lokalen und internationalen Start-ups inzwischen umfangreiche Partnerschaften vereinbart. WeTu baut eine Ladeinfrastruktur mit über 30 Solar-Hubs im westlichen Kenia auf, unterstützt beim Testen der Technik, bei der Erarbeitung passender Geschäftsmodelle, beim Aufbau von Service- und Reparaturzentren und bei den Verleihstationen für die notwendigen Batterien. Auch die lokale Produktion von elektrischen Lastenfahrrädern ist gestartet, ebenso der Umbau von konventionellen Mopeds zu Fahrzeugen mit Elektroantrieb sowie der Aufbau von Recycling-Annahmestellen für Elektroschrott und alte Batterien. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) unterstützt begleitende Studien zur technischen Infrastruktur und zu wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen.
Im Fokus der Expertengruppe stand das ländliche Kenia – vor allem die Herausforderungen und Chancen der Elektromobilität in der Region des Viktoriasees. Transportaufgaben finden hier entweder zu Fuß, mit Booten, Fahrrädern oder motorisierten Zweirädern statt. Die Benzin- und Dieselkosten sind hoch und stetig steigend. Die hochfrequentierten Fahrzeuge verschmutzen im hohen Maße die Luft, die Böden und das Wasser des Viktoriasees sowie der zufließenden Flüsse.
Die sektorübergreifende Expertenrunde in Kisumu hat zehn wesentliche Aktionspunkte für eine rurale Elektromobilitäts-Plattform identifiziert – von der Energieerzeugung, über betriebswirtschaftliche Ansätze, digitale Vernetzung bis zum Recycling. Die Siemens Stiftung übernimmt nun die Nachverfolgung dieser Aktionspunkte und wird sich für die Umsetzung in Zusammenarbeit mit den Akteuren und Institutionen einsetzen. Gleichzeitig wird die Stiftung mit Nachdruck in die Ladeinfrastruktur, in weitere Fahrzeuge und in die Entwicklung neuer betriebswirtschaftlicher Modelle investieren. Mit dem Ausbau der lokalen Partnerschaften und der Zusammenarbeit mit GIZ, UNEP sowie deutschen, europäischen und afrikanischen Regierungen soll die weitere Umsetzung gestärkt und beschleunigt werden.