»Das Prinzip eines Stromkreislaufs ist überall dasselbe, für den Einsatz aber bieten sich unzählige Möglichkeiten.«
Die Naturwissenschaften im Gepäck: Dieter Arnold vermittelt Lehrern weltweit das Konzept von Experimento
Wenn Dieter Arnold reist, reist er mit ungewöhnlichem Gepäck: In der einen Hälfte seines Koffers ein Paar Jeans, Hemden und ein kleiner Kulturbeutel, in der anderen Kabel, Propeller, Luftballons, Solarzellen und viele andere kleine Dinge, die schon so manchen Zollbeamten stutzig gemacht haben. Die Orte, die er auf seinen Reisen ansteuert, sind vielfältig und bunt – genauso wie die Leute, die er dort trifft.
Dieter Arnold ist Trainer für das Bildungsprogramm Experimento. Weltweit vermittelt er Lehrern das Prinzip des forschenden Lernens. Seit 2010 war er bereits zu Gast in Deutschland, Südafrika, Kenia, Chile und Peru. Und jedes Mal ging es um dieselbe Frage: Wie kann ich Schüler für Themen der Naturwissenschaften und Technik begeistern und dazu beitragen, dass das Gelernte im besten Fall sogar zu eigenen Ideen und Projekten anregt?
Keine Scheu vor dem Experimentieren im Unterricht
In viertägigen Workshops zeigt der Trainer, wie man mit einfachen Materialien spannende Experimente vorbereitet und sie didaktisch ansprechend im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht umsetzt. Und dass das Experimentieren nicht nur Kinder, sondern auch die Lehrer selbst fesselt, zeigen die vielen verpassten Kaffeepausen und freiwilligen Überstunden, sobald diese einmal damit angefangen haben. „Viele Lehrer müssen das Experimentieren selbst erst lernen. Ihre Ausbildung an Schule und Universität hatte oftmals nur wenig Praxisbezug“, berichtet Arnold.
„Indem wir einfache, leicht zu besorgende Materialien verwenden und den Lehrern interaktive Methoden an die Hand geben, möchten wir ihnen die Scheu vor dem Experimentieren im Unterricht nehmen. Viele sind dann erstaunt: ‚Was? Mit diesen einfachen Mitteln kann man so komplexe Themen erklären?‘“ Sehr gut kommt zum Beispiel immer ein selbstgebautes Lungenmodell an: eine leere Plastikflasche, ein Röhrchen, zwei Luftballons und Klebeband – fertig ist das Anschauungsmaterial für den Biologieunterricht.
Begeisterung und Erfahrung teilen
Eigentlich könnte Dieter Arnold bereits längst im Ruhestand sein, doch nach 35 Jahren als Lehrer für Chemie und Sport wollte er seine Begeisterung für die Naturwissenschaften und das Lehren nicht einfach an den Nagel hängen und reist seitdem für Lehrerfortbildungen in die unterschiedlichsten Länder Afrikas und Lateinamerikas. Warum er das tut? Die Naturwissenschaften liegen ihm am Herzen. „Ich will meinen Teil dazu beitragen, dass naturwissenschaftliche Themen bei den Schülern ankommen und sie begeistern. Die Erfahrungen, die ich in meiner Zeit als Lehrer gemacht habe, gebe ich gerne an die Kollegen weiter“, erklärt Arnold.
Anstoß zu seiner Tätigkeit gab sein Einsatz als Lehrer an der Deutschen Internationalen Schule in Kapstadt von 1991 bis 1999. „Dort lernte ich Lehrer aus den umliegenden Townships kennen und erfuhr, wie wenig Möglichkeiten die Ausstattung der Schulen für einen forschenden Unterricht bot. Gemeinsam überlegten wir, wie man die teuren Chemie- und Physikinstrumente durch einfache, kostengünstige Materialien ersetzen kann“, erzählt Arnold. „So gab ich schließlich meine erste Lehrerfortbildung.“ Seit 2010 arbeitet er als Trainer für das Bildungsprogramm Experimento. Die Experimente des Experimento I 10+ Moduls hat er sogar mitentwickelt.
Zu eigenen Ansätzen anregen
Auf seine Workshops bereitet sich Dieter Arnold immer sehr intensiv vor. Mit den Partnern vor Ort sucht er zu den bewusst sehr allgemein gehaltenen Anwendungsbeispielen des Experimento-Handbuchs nach zusätzlichen Beispielen, die die regionalen Besonderheiten einbeziehen. „Das Prinzip eines Stromkreislaufs ist überall dasselbe, für den Einsatz aber bieten sich unzählige Möglichkeiten“, erklärt Arnold. „In Kenia beispielsweise sprachen wir darüber, wie man mit einer einfachen Konstruktion die Wassertiefe eines Brunnens messen kann. Das ist ein praktisches Beispiel, das die Lehrer mit in den Unterricht nehmen und mit den Kindern sogar nachbauen können. In Chile hingegen wird die Lerneinheit zum Stromkreislauf mit dem Fach Geographie verbunden. „Zusammen mit den Workshop-Teilnehmern haben wir ein Elektroquiz gebaut, auf dem man die einzelnen Länder Lateinamerikas zuordnen muss und so gleich auch etwas über die eigene Heimat lernt“, erzählt Arnold. „Gerade dieser lokale und ganz konkrete Bezug ist es, der die Schüler dazu motiviert, sich auch außerhalb ihrer Schulzeit mit Naturwissenschaften und Technik zu beschäftigen.“
Brücken zwischen globalem und lokalem Wissen
„In Südafrika kombinieren wir die Arbeitseinheit zur Wasserreinigung mit Hohlfasermembranen mit seit Generationen überlieferten Verfahren. Dass schmutziges Wasser aus einem Fluss vor dem Trinken durch ein kurzes Stück Zuckerrohr gesaugt wurde, ist letztlich das gleiche Prinzip“, berichtet Arnold weiter. Gerade diese Brücken zwischen globalem und lokalem Wissen faszinieren ihn. „Es geht nicht darum, überliefertes Wissen zu verdrängen, sondern dieses zu integrieren“, betont er. „Davon profitieren alle Beteiligten.
„Das Experimento-Programm ist letztlich nur ein Katalysator“, resümiert er. „Die in den Workshops vermittelten Methoden regen dazu an, über die zur Verfügung gestellten Anleitungen hinauszudenken. Es entstehen neue und kreative Ansätze – eine ganz andere Art des Unterrichtens.“
Januar 2015
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