»In manchen Ländern ist Innovation ein Teil der Kultur und es gibt die entsprechende Infrastruktur. In Ghana war das lange Zeit anders.«
Start-Ups mit Zukunft in Ghana
William Senyo zeichnete als Teamleiter für die Beschaffung von Kapital verschiedener Investoren und Spender verantwortlich und ist beratend für mehrere Initiativen tätig, die sich der sozialen Innovation in Afrika verschrieben haben. Er ist Mitgründer und CEO der Impact Hub Accra, dem Epizentrum des westafrikanischen Start-up-Ökosystems. Das Impact Hub Accra ist Mitglied des internationalen Impact-Hub-Netzwerks und eines der acht Hubs, die das Programm „African Seed“ ins Leben gerufen haben. Das Accra Hub besteht aus 150 bis 180 kreativen und unternehmerisch denkenden Menschen, die auf 1.400 Quadratmetern täglich ihr Netzwerk erweitern und Innovation gestalten.
Was waren die größten Herausforderungen, die es im Zuge der Einrichtungsphase des Impact Hub in Accra zu überwinden galt?
Die Beschaffung von Kapital war am Anfang äußerst schwierig. Für ein weitestgehend unbekanntes Konzept Investoren zu finden, ist generell ein schwierigeres Unterfangen. Der Markt in Ghana war auf eine derartige Geschäftsidee überhaupt nicht vorbereitet. Also mussten wir am Anfang deutlich mehr Kapital beschaffen, als wir eigentlich gebraucht hätten, weil wir zumeist in Vorleistung gehen mussten. Beispielsweise war die Miete für ein Jahr im Voraus zu bezahlen.
Zudem verfügten wir in der Anfangsphase nicht über sämtliche Fähigkeiten, die für das Projekt nötig waren. Wir mussten jedoch am Ball bleiben, auch wenn es nie leicht fällt, die dafür notwendigen Kompetenzen zu erlernen während man ein Projekt bereits umsetzt. Hinzu kamen die Energieversorgungsprobleme in Ghana. Die Stromversorgung war nur unzureichend und es kam zu Ausfällen von bis zu 48 Stunden Dauer, das hat die Einrichtung des Hubs natürlich erschwert.
Welche zentrale Rolle spielt Ihrer Meinung nach der Makerspace, den die Siemens Stiftung maßgeblich gefördert hat, und welche Bedeutung hat er?
In manchen Ländern ist Innovation ein Teil der Kultur und es gibt die entsprechende Infrastruktur dafür. In Ghana ticken die Uhren etwas anders. Ein Ort, der Innovation hervorbringt und ermöglicht, war für das Unternehmertum in Ghana dringend nötig.
Ein Makerspace bietet Raum für Experimente mit den grundlegenden technologischen Mitteln und die Möglichkeit, neue Fertigkeiten zu erlernen. In Ghana fehlt es an kreativem Selbstvertrauen und an einer Kultur der technologischen Innovation. Im Makerspace kann man experimentieren und Selbstbewusstsein entwickeln. Deshalb stehen im Makerspace auch Experten zur Verfügung, zum Beispiel für 3-D-Druck.
Erzählen Sie uns von ein oder zwei Ideen, die mithilfe des Makerspace in der Praxis umgesetzt werden konnten?
Gerne! Im Makerspace werden eine Fülle von Ideen und Produkten entwickelt. Derzeit bringen wir zum Beispiel das Programm GIZ E-Waste auf den Markt: Ghana importiert Abfall aus Europa und den USA und ist eine der größten Elektroschrotthalden der Welt. Wir entwickeln zusammen mit Ingenieursstudenten und Facharbeitern der Elektroschrotthalden Programme zur Weiterverwendung dieses Schrotts – sei es als funktionsfähiges Bauteil oder als Kunstobjekt, welches zum Verkauf angeboten wird. Außerdem werden viele Prototypen gebaut, zum Beispiel eine Biogasanlage, die aus Biomüll Biogas gewinnt und so den Holzkohleverbrauch reduziert. Der Makerspace erfreut sich auch bei Heimwerkern großer Beliebtheit, die dort Lösungen für den lokalen Bedarf entwickeln.
In der vergangenen Woche hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel das Impact Hub in Accra besucht und sich mit Unternehmern unterhalten. Wissen Sie, über welche Themen gesprochen wurde?
Kanzlerin Merkel und sechs hochrangige Mitglieder der begleitenden Wirtschaftsdelegation hatten eine Klausurtagung mit dem CEO des Impact Hub Accra und acht ausgewählten Jungunternehmern. Zur Sprache kamen eine ganze Reihe von Themen, die vor allem junge Menschen betreffen. So ging es im Speziellen um Möglichkeiten des Austauschs und gegenseitigen Lernens zwischen der deutschen Industrie und Start-ups aus Ghana und den Bedarf an innovativem Support für das hiesige Start-up-Ökosystem durch die deutsche Regierung. Die Kanzlerin brachte zudem einige Ideen ein, die auf Erfahrungen aus Deutschland basierten.
Innerhalb nur weniger Monate besuchten der französische Präsident Macron, der niederländische Premier Rutte und Bundeskanzlerin Merkel das Impact Hub in Accra. Welche Erwartungen haben Sie an die Start-up-Community in Ghana angesichts dieser hochkarätigen Besucher?
Für uns sind die Besuche ein Indiz des globalen Interesses an dem Potenzial unserer Arbeit, mit der wir die Lebensumstände von jungen Menschen in Ghana und Afrika insgesamt ändern wollen. Nicht jeden zieht es nach Europa oder in die USA. Es existiert eine kritische Masse junger Ghanaer, die an eine unternehmerische Zukunft in Ghana glauben und Arbeitsplätze für ihre Mitmenschen schaffen möchten. Die Besuche bestätigen uns in unserem Handeln und rücken es vor Ort ins Rampenlicht. Wir erhoffen uns dadurch auch gesteigertes lokales Interesse von verschiedenen Akteuren aus der Industrie, deren Unterstützung das Wachstum der noch jungen Gemeinschaft ghanaischer Start-ups zusätzlich beschleunigen kann.
„In manchen Ländern ist Innovation ein Teil der Kultur und es gibt die entsprechende Infrastruktur. In Ghana war das lange Zeit anders.“
September 2018